Das Buzzword Transparenz – was wir darunter wirklich verstehen und warum wir darüber reden sollten
Elegante Transparenz und maximaler Tragekomfort – nein, Sie haben sich nicht verlesen, keine Sorge, Sie sind hier richtig. Sie lesen einen Beitrag zum Thema Personal und Management und nicht die Werbung einer Strumpfhosen-Firma. Der Slogan ist tatsächlich einer Damen-Strumpfhosen-Packung entnommen. Es stellt sich die Frage: Wann haben wir angefangen Buzz-Words aus der Werbung von Damen-Strumpfhosen als Management-Wörter dieser Zeit zu verwenden? Führungskräfte und Unternehmen preisen an: maximale Transparenz, Offenheit, (…) setzen Sie ein weiteres, gut klingendes Wort ein, dass Ihnen spontan einfällt.
Wollen wir wirklich anhand maximaler Transparenz gemessen werden und verkraften wir überhaupt maximale Transparenz? Wenn es um unsere Daten geht, sind wir uns da schnell einig: nein, das wollen wir nicht. Bezeichnungen wie der „gläserne Mensch“, schrecken uns davor ab, sowohl privat, aber auch beruflich. Im Umkehrschluss erwarten wir allerdings diese „Transparenz“ von unserer Führungskraft, bzw. wir glauben, dass wir sie erwarten müssen, weil sie in den Personal-Blogs schlechthin und in diversen Managementbüchern als relevantes Kriterium für Führungsverhalten stehen. Als Führungskraft wollen Sie möglichst transparent sein, greifbar, vor allem in dieser schwierigen Situation, in der Führung wie wir sie bisher kennen, auf die Probe gestellt wird.
Doch lassen Sie uns gemeinsam überlegen: können und wollen wir mit demselben Wort beschrieben werden, wie eine Damen-Strumpfhose? Was meinen wir, wenn wir sagen: „mir ist maximale Transparenz und Offenheit wichtig“ oder „meine Führungskraft sollte auf jeden Fall transparent und offen kommunizieren?“ Wollen wir wirklich ungefiltert alles wissen?
Wahrscheinlich nicken Sie nun und denken sich: ja, klar – was denn sonst? Wer will nicht die ganze Wahrheit und alle Informationen kennen? Denken wir in diese Richtung weiter: Sie erwarten von Ihrer Führungskraft, dass Sie alle Informationen zu Ihnen ungefiltert durchgibt. Wollen Sie jedoch wirklich „transparent“ alles direkt und sofort wissen und keine wertschätzenden Feedbackregeln in der Kommunikation gewahrt haben? Wollen Sie sich wirklich den Kopf Ihrer Führungskraft zerbrechen? Aus der Perspektive der Führungskraft: wie transparent wollen und können Sie sein? In einigen Fällen zerbrechen Sie sich den Kopf, wie Sie in Ihrer Rolle als Führungskraft einige Sachverhalte „abfedern“, abwenden und klären können, denn dafür sind Sie da: Sie geben die Richtlinien vor, sondieren auf der Metaebene und sichern auch mit Ihrer Position die Jobs Ihrer Mitarbeiter. Das soll nicht heißen, dass Sie Ihren Mitarbeitern etwas verschweigen sollen, aber Sie sind nicht automatisch eine gute Führungskraft, wenn Sie transparent sind. Im Umkehrschluss sind Sie auch keine schlechte Führungskraft, wenn Sie es nicht sind. Führungserfolg bzw. erfolgreiches Führungsverhalten, was sich eigentlich hinter „Transparenz“ tatsächlich verbirgt, ist konkreter: Mitarbeiterpartizipation.
Sie merken selber was die Krux an der Sache ist: Mitarbeiterpartizipation… das klingt einfach nicht so charmant wie Transparenz… Klingt zwar nicht so charmant, aber charmant sollte nur die Werbung einer Damen-Strumpfhose sein und nicht die Art, wie Sie Ihr Führungsverhalten beschrieben haben wollen. Wir sollten längst aus der Zeit raus sein, in der in den Unternehmenskulturen das Verschweigen von Informationen gängiges Führungsverhalten ist. Durch Collaboration-Tools, digitale Medien, z.B. Intranet, Teams etc. ist hierarchieübergreifende Kommunikation vom CEO bis hin zum Azubi möglich und in vielen Firmen gewünscht und wird auch so gelebt. Wenn wir Transparenz fordern, dann wollen wir eigentlich im Umkehrschluss nicht „belogen“ werden. Wenn wir allerdings das Gefühl haben sollten, dass dies der Fall sein könnte, dann haben wir ein größeres Problem als nur den Vergleich, einer Damenstrumpfhose mit einer Führungskraft.
Gehen wir hier aber nun vom „Normalfall“ aus, dass kein Unternehmen bzw. dessen Management im 21. Jahrhundert in Zeiten von New Work und positivem Menschenbild des Mitarbeiters, diesem bewusst, wichtige Informationen zurückhält, die für dessen Arbeit/Wohlergehen in der Firma relevant sind. Mit dieser Annahme tauschen wir nun das Wort Transparenz gegen das Wort Mitarbeiterpartizipation aus, verstehen wir ferner, was sich hinter dem Wunsch nach Transparenz verbirgt. Als Partizipation fragt z.B. die Ruhr Uni Bochum mit dem BIF, dem Inventar zur Führungsbeschreibung, unter anderem Mitarbeiterorientierung, Teamorientierung und Reflexionsbereitschaft unter diesem Aspekt ab. Damit ist z.B. gemeint, dass die Führungskraft das Team an Veränderungen mitwirken lässt, die Mitarbeiter in den Entscheidungsprozess miteinbezieht und offen für Feedback ist.
Wenn Sie das mit der Mitarbeiter-Brille lesen würden, dann sollten das Aspekte einer idealen Führungskraft sein – denn wenn Sie auch mal „transparent“ mit sich sind, möchten Sie eigentlich nicht mehr. Sie möchten auch Ihrer Führungskraft vertrauen können, dass Sie mit bestem Wissen und Gewissen handelt. Die Rolle der Führungskraft und die Anforderungen an diese sind stetig im Wandel, ohne dass wir nun neue Buzzwords wie agiles und digitales Führen auspacken – diesen widmen wir einen gesonderten Beitrag, dennoch wollen wir Sie an dieser Stelle schon platzieren, um zu zeigen, dass auch Mode-Worte wie „Transparenz“ sich zu einem besseren wandeln sollten. Wenn Sie das nächste Mal Transparenz als Schlagwort lesen, schauen Sie lieber zweimal hin, ob das Wort eine Führungskraft, oder doch eher eine Damenstrumpfhose beschreibt.
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