Employer Branding philosophisch betrachtet – ein Gastbeitrag von Gilberto Bruletti

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„Erst wenn der Schnee geschmolzen ist, sieht man die ganze Wahrheit.“

Die Urheberschaft dieses Sprichworts wird den Menschen der süditalienischen Provinz Apulien zugeschrieben. Anstelle der Wahrheit bedient sich das Original jedoch eines üblen Kraftausdrucks. Als meine Mutter, selbst im benachbarten Kalabrien wohlbehütet aufgewachsen, mich in ziemlich jungen Jahren erstmals mit diesem Stück Lebenserfahrung konfrontierte, konnte ich mir darauf noch keinen rechten Reim machen. Süditalien und Schneeschmelze, das passte irgendwie nicht zusammen.

Erst Jahre später ging mir ein Licht auf. Es ging um all jene, die sich in ihrer blühenden Fantasie eine von schillernden Farben geprägte Hochglanzfassade aufgebaut hatten, die der Realität zumeist nicht standhielt. Jene, die lieber noch etwas hinzudichteten. Aber die Schneeschmelze kommt. Manchmal früher, manchmal später. Aber sie wird kommen. So sicher wie das Amen in der Kirche. Und dann stehen sie da: enttarnt, belächelt und mit dem Latein am Ende. Diese überzüchtete Form der Selbstdarstellung kennt nur ein Ziel: die Sackgasse. Das entfachte Chaos ist noch das kleinste Problem. Schlimmstenfalls führt sie in die Isolation, einhergehend mit dem Totalverlust jeder Glaubwürdigkeit und damit gesellschaftlicher Akzeptanz. Alles Dinge, die kein Mensch braucht, um glücklich zu sein.

 „Wofür stehe ich?“ gilt es in aller Deutlichkeit zu formulieren, aber vor allem mit Leben zu füllen. In einer Beziehung, aber natürlich auch im Zusammenspiel von Unternehmen und Mitarbeitern. Im Wettstreit um die geeignetsten Mitarbeiter sind es gerade diese Mehrwerte, die den Unterschied ausmachen. Immer mehr Unternehmen arbeiten daran, ihre Attraktivität zu steigern.

Willkommen im Employer Branding!

Oft gehört, unzählige Male in Angriff genommen und doch immer wieder missverstanden.

Zunächst einmal fängt Employer Branding immer ganz oben an. Die Bildung einer Arbeitergebermarke ist somit immer Chefsache mit dem Ziel, das Unternehmen in der Öffentlichkeit aber auch nach innen klar zu positionieren, bestenfalls eine Marke herauszuarbeiten, die bei Mitarbeitern sowie bei Kunden und Lieferanten gleichermaßen positive Assoziationen weckt.

Der 2011 verstorbene Steve Jobs etwa brachte seine Erfolgsformel in einem Satz auf den Punkt: „Liebe, was du tust.“ Die Liebe zu seinen Lebensmitteln rückt auch ein deutscher Einzelhandelsriese ins Zentrum seiner Botschaft. Gerade in unsicheren Zeiten ist Liebe Balsam für die Seele. Wie viel Liebe aber wirklich dahintersteckt, wird oft erst auf den zweiten Blick deutlich. Im täglichen Umgang nämlich. Mit Vorgesetzten, Kollegen, Kunden und Geschäftspartnern. In dieser Interaktion gilt es allen Beteiligten mit Fairness und Wertschätzung auf Augenhöhe zu begegnen. Jeder Kontakt ist zugleich eine Chance, auf sich aufmerksam zu machen und das Image seines Unternehmens zu steigern.

Employer Branding dient somit nicht ausschließlich der Steigerung der Unternehmensattraktivität zwecks Rekrutierung und Bindung von talentierten Mitarbeitern, sondern muss als ein Teilprozess aller am Unternehmenserfolg beteiligten Handelnden verstanden werden. Diese Mehrdimensionalität gilt es im Employer Branding nie aus den Augen zu verlieren. Employer Branding ist somit stets als eine von mehreren Marketingmaßnahmen in die gesamtstrategische Zielsetzung eines Unternehmens einzugliedern.

Um Employer Branding im Unternehmen einzuführen und erfolgreich zu nutzen, müssen zunächst einige zentrale Fragen ehrlich beantwortet werden. Wer sind wir? Wo stehen wir? Wo wollen wir hin? Je kompromissloser diese aufgearbeitet werden, je schonungsloser die am Prozess Beteiligten mit sich ins Gericht gehen, desto klarer wird das Bild ausfallen, aus dem sich zielführende Schlüsse ziehen lassen.

Gerade im digitalen Bereich stehen Unternehmen zum Employer Branding vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Beliebt sind Videos, die auf der unternehmenseigenen Homepage sowie in den Social-Media-Kanälen platziert sind – oftmals mit enormer Reichweite. Neben Videos eignen sich auch Bilder hervorragend, um das Image als Arbeitgeber zu verbessern. Eine wichtige Maßnahme ist überdies die direkte Kommunikation mit Mitarbeitern und Bewerbern. Unternehmen sollten Lösungen parat haben, wie sie ihren Mitarbeitern noch mehr bieten können, um beispielsweise Familie und Beruf besser vereinbaren zu können.

Im Employer Branding ist stets auch Nachhaltigkeit gefragt. Eine Schwalbe macht eben noch keinen Sommer oder das One-Hit-Wonder noch keinen Superstar. Mit einmaligen Karrieretagen lässt sich kaum jemand überzeugen. Es bedarf vielmehr einer nachhaltigen Strategie, um das Employer Branding langfristig erfolgreich zu gestalten und eine starke Arbeitgebermarke zu kreieren. Auf diese Weise kann ein werthaltiges Arbeitgeberimage geschaffen werden, das sich von Wettbewerbern unterscheidet und imstande ist, dem Unternehmen eine besondere Note zu verleihen.

Beim Employer Branding geht es also ausdrücklich nicht darum, den Talenten, nach denen sich Unternehmen sehen, keine fingierte Welt mit falschen Versprechungen vorzugaukeln, sondern die attraktiven, tatsächlichen gelebten Seiten des Unternehmens nahezubringen und zu zeigen, was das Unternehmen anziehend macht.

Und wer könnte dies glaubwürdiger darstellen, als die eigenen zufriedenen Mitarbeiter? Nutzen Sie also Ihre Mitarbeiter, binden Sie sie in Ihre Strategie ein und nutzen Sie diese positive Energie und tragen Sie in all jene Kanäle, auf denen Sie Ihre potenziellen Kandidaten ausgemacht haben. Durch internes Employer Branding werden Angestellte zu treuen Weggefährten, es steigt die Loyalität und damit auch die Zufriedenheit und Motivation im Job. Zugleich werden die eigenen Mitarbeiter zu Markenbotschaftern und damit wichtigen Säulen für ein erfolgreiches Employer Branding. Angestellte wie auch Bewerber sind somit nicht nur Adressaten, sondern zugleich ein wesentlicher Kanal des Employer Brandings.

Fazit

Aber denken Sie stets daran: Die Patentlösung zur Erlangung der perfekten Arbeitgebermarke ist noch nicht gefunden. Dafür sind Unternehmensphilosophien, Kommunikationsstile und Mitarbeiter zu unterschiedlich. Auch den einen Leitfaden kann ich Ihnen nicht an die Hand geben. Wichtig ist, dass Sie es wollen und aus tiefster Überzeugung angehen. Bewahren Sie Haltung. Am besten Sie fangen einfach an. Stellen Sie Fragen. Seien Sie immer ehrlich und authentisch. Gehen Sie respektvoll und wertschätzend miteinander um. Hören Sie genau zu. Lieben Sie, was Sie tun.